Die legendäre Ferienstraße Route Nationale 7 in
Frankreich von Paris nach Menton
REISEBERICHT
- Super gelaufen!
Etappe 02 von Pouilly-sur-Loire nach Lapalisse
Die zweite Etappe führt
von Pouilly-sur
Loire (Restaurant "Les 200
Bornes") bis Roanne,
einer Stadt mit ca. 36000 Einwohnern, Département Loire, etwa
75 km nordwestlich von Lyon
In der
3150-Seelen-Gemeinde LAPALISSE
in der Auvergne z.B. wird seit 2006 in Zusammenarbeit mit dem bekannten
Zeichner und Buchautor Thierry Dubois alle zwei Jahre ein Verkehrsstau
mit
historischen Fahrzeugen inszeniert:
Am
nächsten Morgen machen wir uns nach einem ausgiebigen Frühstück wieder
auf den Weg. Wir suchen erneut nach den Spuren der alten RN7 und kommen
auf der D907 zunächst in den nur wenige Kilometer entfernten Nachbarort
Mesves-sur-Loire. Hier gibt es nicht viel zu sehen. Wir entdecken nur
eine schöne alte Weinwerbung, seinerzeit offenbar von Hand liebevoll
auf eine Hausfassade gemalt, heute aber kaum noch zu erkennen. Die
Lichtverhältnisse sind heute zum Fotografieren auch schwierig. Nur die
Nachbearbeitung mit einem Bildbearbeitungsprogramm lässt noch ein wenig
von der ursprünglichen Erscheinungsform dieser Werbung erahnen. In
wenigen Jahren wird diese Art von Zeitzeugnissen völlig verschwunden
sein. Die Farben der alten Werbemalereien verblassen, werden
übergestrichen oder durch neue billige Werbeschilder aus Plastik
ersetzt.
Zwischen A77 und der Loire entlang kommen wir nach
La-Charité-sur-Loire. Wir füllen den Tank der DS und unsere Vorräte bei
einem Supermarkt auf. So ganz nebenbei entdecken wir auch noch einen
alten Peugeot 404, der am Rande des Grundstücks einer Autowerkstatt
still vor sich hin gammelt. Wir überqueren die Loire um auf der anderen
Flußseite ein wenig länger am Ufer entlang fahren zu können. Die Straße
führt am "Canal Latéral à la Loire" entlang, auf dem auch einige
Schiffe unterwegs sind. Schöne Brücken und strahlend blauer Himmel
bieten hier gute Fotomotive. Nevers lassen wir links liegen und fahren
am berühmten Rennparcours Magny Cours vorbei. Und wieder passieren wir
eine schöne
Platanenallee, während wir der N7 nach Moulins folgen. Die alten
Meilensteine der N7 aus Stein suchten wir vergeblich, wir fanden nur
die häßlichen Plastikschilder N7 am Straßenrand. Dafür kommt uns in
einer Nebenstraße ein altes "Plaque Michelin" vor die Kamera. Diese
Wegweiser wurden den französischen Behörden zwischen 1910 und 1971
kostenlos vom Michelin-Konzern zur Verfügung gestellt, nicht ganz ohne
Eigennutz, versteht sich. Die einen waren aus Beton gefertigt und
standen in den unterschiedlichsten Formen zur Verfügung: vom ganz
schlichten quaderförmigen Sockel, z.T. mit Dach, bis hin zum
rechteckigem Hinweisschild mit Pfeilspitze auf einem massiven Sockel,
alles aus Beton. Die anderen waren emaillierte Schilder, meist aus
Lavastein, die an Mauern oder Hauswänden angebracht waren. Neben Orts-
und Kilometerangaben konnten die Schilder auch touristische Hinweise
oder Warnungen vor Gefahrenpunkten enthalten.
Durch die wunderschöne Auvergne folgen wir nun dem Navi in Richtung
Lapalisse, wo Gégé auf uns wartet, der nächste Kontakt aus dem
ADJ-Forum. Sanfte Hügel und grüne Weiden, auf denen friedlich
hellbraune Milchkühe grasen, prägen diese Landschaft. Die Kühe haben es
meinem Fotografen besonders angetan: Immer wieder drückt er auf den
Auslöser. Das Navi hat uns ein wenig weggeführt von der N7, also wollen
wir einen kleinen Schlenker über die D21 machen, um wieder
auf Spur zu kommen. Wir überholen einen alten R4 und machen dann Pause
auf einem Rastplatz, denn inzwischen ist es Viertel nach eins. Ein LKW
steht am Straßenrand, der Fahrer schläft offenbar. Da der R4 nur sehr
langsam unterwegs war, kommt er uns nun noch einmal vor die Kamera.
Plötzlich bremst der Fahrer, setzt zurück und ein netter älterer Herr
steigt steigt aus und kommt auf uns zu. Wir sprechen über unsere beiden
alten Autos und über den zweiten Weltkrieg. Er sei schon einmal in
Hamburg gewesen, sagt er. Eine wirklich nette Zufallsbegegnung!
Jetzt aber schnell nach Lapalisse.
Gégé wartet dort schon eine ganze
Weile! Na ja, so schnell geht's dann doch nicht, erst nach einer Stunde
sind wir da und wir kommen aus einer ganz anderen Richtung in den Ort
hinein als erwartet. Ich rufe Gégé an: Wo bist du? - In Lapalisse. -
Wir auch, aber wir sehen dich nicht. Endlich finden wir zusammen. Gégé
steht mit seinem 57er Studebaker aus den USA am Rond-Point, Ortseingang
N7. Salut, ça va? - Oui, ça va très bien. Als Gégé merkt, dass man sich
mit mir ganz gut auf französisch unterhalten kann, ist er nicht mehr zu
stoppen. Mein Fotograf, in seiner Freizeit begeisterter Rennradfahrer,
macht
sich derweil mit der Kamera auf Motivsuche und wird fündig: Rennräder
auf und neben einer rudimentären und knallbunt bemalten Renault
Dauphine Karosse stehen als Werbung für die Tour de France neben dem
Rond-Point. Davor ein Plakat mit der Aufschrift "Die Tour sprengt den
Stau", eine Anspielung auf das alle zwei Jahre stattfindende Spektakel,
bei dem hunderte von Oldtimern und Laienschauspielern den alljährlichen
Verkehrsstau der Ferienzeiten vergangener Jahre nachspielen und damit
Lapalisse in eine riesige Open-Air-Bühne verwandeln. Organisiert wird
das Ereignis vom bekannten Zeichner und Buchautor Thierry Dubois, der
zahlreiche Bücher auch über die RN7 und die Autos vergangener Tage
verfasst hat. Ein riesiges Plakat mit einer seiner Zeichnungen befindet sich gleich hinter dem Ortsschild. Während
wir noch so quatschen hupt plötzlich ein vorbeifahrendes Auto.
Es ist eine blaue DS, die uns da gegrüßt hat. Gégé erzählt, dass er
eben auch eine unglaubliche Zufallsbegegnung gehabt habe. Ein LKW habe
angehalten, der Fahrer sei ausgestiegen, habe die Arme hochgestreckt
und die Augen verdreht. Er habe erzählt, dass er genau das gleiche Auto
habe. Er sei gerade inmitten der Restaurationsarbeiten. Gégé erklärte
ihm, dass es in Frankreich nur drei Exemplare davon gäbe, weltweit nur
fünf.
Wir fahren in den Ort und stoppen bei einer ehemaligen Tankstelle.
"Antiquitäten" steht in großen Lettern auf einem großen Schild, das auf
einem merkwürdigen Gefährt an der Straße befestigt ist. Der Laden, An-
und Verkauf von Trödelwaren, ist geschlossen. Das Gefährt ist offenbar
ein Konglomerat aus verschiedenen alten Autoteilen, teils Oldtimer
teils andere, alles stark verrostet. Diverse Metallteile sind
zusätzlich angeschweißt worden. Ein Blumenkasten nimmt seitlich die
ganze Breite des offenen "Wagens" ein. Wir diskutieren über die
Herkunft der Einzelteile. Dann stellt Gégé uns seinen Studebaker vor.
Der Hersteller dieses amerikanischen Wagens war ein holländischer
Auswanderer. Für den Export nach Europa wurden extra kleine Motoren
eingebaut, um Steuern zu sparen. Außerdem erhielt die Motorhaube zur
Sicherheit zwei zusätzliche Lederriemen, damit sie auf den schlechten
französischen Landstraßen nicht von selbst während der Fahrt aufsprang.
Jetzt machen wir eine Fahrt durch Lapalisse. Mein Fotograf steigt in
den
Studebaker, ich
folge den beiden einmal quer durch den Ort bis zum Schloss hinauf, dem
"Château de La Palice". Wir parken vor dem großen Torbogen und werfen
einen Blick auf die Außenanlagen und das Schloß, das zwischen dem 12.
und 16.Jahrhundert erbaut wurde und mit seinen Türmen majestätisch hoch
über das Tal der Besbre ragt, die Lapalisse durchfließt. Ein schöner
Brunnen mit einer kunstvoll verzierten schmiedeeisernen Seilwinde steht
im Burghof. Rechts steht noch ein Rest einer Befestigungsmauer mit
Zinnen, links eine gotische Kapelle aus dem 15.Jahrhundert.
Wir lassen die Autos beim Schloß stehen und begeben uns zu Fuß auf
Besichtungstour. Im Schaufenster eines Geschäfts entdecken wir ein
Plakat, das auf die Feierlichkeiten am übernächsten Wochenende
hinweist, wenn die 100. Tour de France nach Lapalisse kommt. Daneben
befindet sich das "Pause Café N7" - leider geschlossen. Im Hochsommer
schließen viele Geschäfte, Cafés und Restaurants für mehrere Wochen,
wenn sie sich nicht gerade in der Nähe einer
Touristenhochburg
befinden. Wir überqueren die Brücke über die Besbre und kommen zur
Ortsmitte. Einige
Schaufenster zieren riesige historische Ansichten der Straßen von
Lapalisse. Daneben ein großes Emailleschild "Route Nationale 7
Historique" mit einer Erklärung der "Route Bleue", die den Touristen
seit 1933 den richtigen Weg zur Côte d'Azur via RN7 zeigen sollte. Auch
das Hotel de l'Ecu ist in historischer Aufnahme zu sehen. Das Hotel
steht zwar immer noch, macht aber heutzutage einen sehr
heruntergekommenen Eindruck. Die Fassade schreit nach einem neuen
Anstrich, die Fensterläden wirken morsch und der blaue Schriftzug mit
dem Hotelnamen, früher in erhabenen Lettern angebracht, ist inzwischen
verblasst. Das Schaufenster der Konditorei nebenan ziert anlässlich der
Tour de France ein Rennrad und ein typisch weißer Kilometerstein der N7
mit rotem Kopf. Kaum noch zu erkennen ist eine weitere Werbung auf
einer alten grauen Hausfassade mit einigen Löchern, die offensichtlich
bereits einmal flüchtig mit Weiß übergestrichen wurde. Eigentlich sind
wir auf der Suche nach einem Restaurant. Wir hatten kein richtiges
Mittagessen, sind jetzt schon viele Kilometer in Lapalisse
herumgelaufen und es ist schon später Nachmittag. Gégé hatte sich nach
einem Restaurant erkundigt, aber das sollte ganz am anderem Ortsende
liegen. Meinem Copiloten reicht es. Als er einen ALDI sieht, biegt er kurzerhand
rechts ab und geht einkaufen. Das angebotene Eis nehmen auch Gégé und
ich
gern an. Wo ist nun unsere Unterkunft, die Gégé gebucht hatte? Wir
gehen zurück zu den Autos am Schloss und fahren ein paar Kilometer
weiter nach SAINT PRIX. Dort befindet sich das "Le Roc Foucaud", ein 200
Jahre altes, renoviertes Anwesen, auf malerischem, parkähnlichen
Grundstück gelegen, heute eine Ferienanlage mit Campingplatz. Die
Ausstattung ist auf einfachstem Niveau mit Mehrbettzimmern und
Toiletten auf dem Gang. Der holländische Besitzer ist sehr freundlich.
Er vermietet vornehmlich an Gruppen und Festgesellschaften.
Nachdem wir eingecheckt haben, wollen wir aber doch noch etwas
"Richtiges" essen, denn vorort gibt es zum Abend nur Suppe. Das vom
Besitzer vermittelte Restaurant ist leider geschlossen. Also fahren zur
zur Raststätte, die zwischen N7 und A77 gelegen ist. Dort ist immer
geöffnet und das Essen vom reichhaltigen, frischen Buffet ist
erstaunlich gut. Als wir zum Le
Roc Foucaud zurückfahren, fällt
uns auf, dass die N7 hier außerhalb der Ortschaften verläuft und
offensichtlich gerade vierspurig ausgebaut wird. Auch Mautbrücken sind
schon zu sehen. Nach einer ersten Verschiebung des Starttermins sollte
die neue "Ecotaxe" für LKW in
Frankreich am 01.01.2014 eingeführt werden. Sie soll auf 15.000 km der
französischen
National- und Landstraßen gelten und über verpflichtende Onboard-Units
(OBU) abgerechnet werden. Am 29.10.2013 gab Premierminister Jean-Marc
Ayrault nach einer Krisensitzung allerdings bekannt, dass die
Einführung der Ecotaxe erst einmal auf unbestimmte Zeit ausgesetzt
werde.
An diesem lauen Sommerabend veranstalten wir noch auf dem Parkplatz
hinter unserem Quartier "Le Roc Foucaud" ein internationales
Pétanque-Turnier mit drei Teilnehmern. Deutschland gewinnt knapp. ;-))
Gut, dass ich die Pétanque-Kugeln mitgenommen habe!