Die legendäre Ferienstraße Route Nationale 7 in
Frankreich von Paris nach Menton
REISEBERICHT
- Super gelaufen!
Etappe 05 von St-Maximin-la-Ste-Baume nach Menton
Die fünfte Etappe führt
von St-Maximin-la-Ste-Baume bis Menton, einer französischen Stadt mit 29000 Einwohnern im Département Alpes-Maritimes in der Region Provence-Alpes-Côte d’Azur, die an der Grenze zu Italien liegt.
Orte, die passiert werden sollten:
St-Maximin-la-Ste-Baume - Tourves -
Brignoles - Le Luc - Le Cannet-des-Maures - Vidauban - Le Muy -
Puget-sur-Argens - Fréjus - L'Auberge-des-Adrets -
Mandelieu-la-Napoule - La Bocca - Cannes - Golfe-Juan - Juan-les-Pins
- Antibes - Cros-de-Cagnes - Nice - La Turbie - Roquebrune - Menton
Wir verlassen St-Maximin-la-Ste-Baume im Herzen der Provence.
Es geht zunächst noch auf der Landstraße an Brignoles vorbei, dann aber
nehmen wir ein Stück weit die Autoroute A8 "La Provençale", um
mehr
Zeit für die Städte unserer Reiseroute zu haben, die in Mittelmeernähe
liegen. Es wird schnell heiß und auch das Verkehrsaufkommen nimmt zu.
Solange
man schnell fährt, kommt genügend kühle Luft über die Frischluftdüsen
herein, leider nur wenig gefiltert. Man hat damals nur ein recht grobes
Drahtgitter im Luftschlauch verbaut. Wir lassen Fréjus rechts liegen
und machen
erst wieder Halt auf einem recht hoch gelegenen Parkplatz mit Blick
auf Cannes. All die schönen Dinge, die man in Cannes besichtigen
könnte.... Aber wir müssen Prioritäten setzen und wollen uns lieber
Nizza, Monaco und natürlich ausgiebig unsere Zielstadt Menton ansehen.
Alles schafft man eben nicht in der kurzen Zeit. Es geht auf 12 Uhr zu,
High Noon, und ein Stau zeichnet sich auf der Autobahn vor Nizza ab.
Also biegen wir bei Cagnes-sur-Mer ab und nehmen Kurs auf die
Innenstadt von Nizza. Neben der Straße verläuft eine Bahnlinie und
wir werden von einem silber-blauen TGV überholt. Leider biegen wir
einmal
falsch ab und landen auf der Autobahn Richtung Grenoble. Also an der
nächsten Ausfahrt gewendet und zurück Richtung Nizza. Der Umweg war
aber landschaftlich nicht vergeblich, weil er uns am Fluss Var
entlang führte, der hier mit einigen Staustufen einen reizvollen
Anblick bietet. Der Var mündet nach 114 km Länge in der Nähe des
internationalen Flughafens Nizza , dem "Aéroport de
Nice-Côte d'Azur", ins Mittelmeer. Das ist auch zunächst
unsere Richtung! Palmen, Blumen, blühende Büsche und grüner Rasen
säumen die "Promenade Édouard
Corniglion Molinier", die als M6098 direkt
am Aéroport vorbeiführt. Das M steht für "Route Métropolitaine",
eine neue Straßenkategorie in Frankreich, die seit 2012 nach und nach
die Département- und Kommunalstraßen (Buchstaben D und C vor den
Nummern) in den großen Metropolen ersetzen soll. Schon ist der Tower
rechts der Straße zu
sehen, einige Flugzeuge starten oder landen, einige stehen auf dem
Rollfeld bereit. Kurze Zeit später sehen wir endlich, zum ersten Mal
auf
unserer Reise, das Mittelmeer: AH, la mer! Wir sind an der
Strandpromenade von
Nizza, gegenüber der Uni-Klinik Lenval. Wenig später entdecken wir an
unserer Strecke auch das
weltberühmte, über hundert Jahre alte Hotel Negresco. Das 1912
eröffnete Luxushotel im Stil der Belle Époque liegt an der
Uferpromenade "Promenade des Anglais". Greta Garbo, Jean Marais und die
Beatles sollen u.a. im Negresco logiert haben. Wir folgen der M6007
Richtung Monaco und Menton und sind schon bald aus dem Stadtverkehr
heraus. Die Straße steigt an und führt durch das goldene Horn, la Corne
d'Or, nach Villefranche, manchmal geht die Straße sogar quer
durch den Fels.
Wir folgen der mittleren Klippenstraße, der "Moyenne Corniche", und landen auf einem Aussichtspunkt
direkt neben der Straße mit einem
grandiosen Blick auf die Badeorte, das Mittelmeer und die vielen großen
und kleinen Schiffe in dem weiten Blau, das sich bis zum Horizont
erstreckt. Zahlreich sind große
Kreuzfahrtschiffe und Luxusliner vertreten. Alles an der Küste ist vom
satten
Grün der Bäume und Büsche umrahmt. Eine wahre Augenweide bei diesem
schönen Wetter und der klaren Luft. Eine etwa einen Meter hohe Mauer
aus hellen Steinen begrenzt den Parkplatz,
dahinter fällt der Hang sehr steil zum Meer hin ab. Auf der anderen
Straßenseite erhebt sich dagegen eine beeindruckend hohe Felswand.
Immer wieder entdecken wir unter uns neue Fotomotive. Wollen wir
weiter? Nein, eigentlich nicht. Man könnte hier stundenlang verweilen.
Aber nicht weit von uns, in seiner exponierten Lage auf dem Hügel schon
zu sehen, wartet die nächste Attraktion: das malerische Bergdorf Èze.
Das provençalische Dorf Èze mit
seinen gut 2600 Einwohnern besteht aus mehreren Ortsteilen und
erstreckt sich von Èze-sur-Mer
auf Meereshöhe über Èze Village in 430 m bis hinauf auf den ca. 700 m
hohen Col d'Èze. Vor
uns liegt jetzt das in den Sommermonaten von Touristen aus aller Welt
stark überlaufene Èze Village mit seinen schmalen, mittelalterlichen
Gässchen. Jedes Jahr wollen hunderttausende von Besuchern diese
Attraktion an der Côte d'Azur besichtigen. Eine Menschentraube wartet
auf den Shuttle-Bus, der zwischen den Ortsteilen verkehrt und sogar bis
nach Nizza fährt. Das Auto muss man unterhalb der Altstadt
stehen lassen, auf einem Parkplatz mit happigen Gebühren, versteht
sich. Die Flics sitzen in einem nahen Café und machen offenbar
regelmäßig ihre Runde über die Parkplätze. Steil geht die schmale Gasse
zum historischen, mittelalterlichen Ortskern hinauf. Dort ist nur noch
Anliegerverkehr mit dem Auto erlaubt, man wundert sich allerdings wie
viele "Anlieger" es hier gibt. In einem Souvenir-Shop kaufe ich mir
eine Baseballmütze, die Sonne brennt mir nämlich ganz schön heiß auf
den Kopf. Ein
Stück weiter finden wir eine Übersichtstafel mit der Aufschrift
"Mittelalterliche Altstadt - Dorf der Kunst und der Gastronomie". Die
alten Gemäuer beherbergen zwei Luxushotels, daneben viele Boutiquen und
Restaurants. Bekannte Parfümerien aus Grasse
unterhalten hier Zweigstellen. Sofort kommt mir der Roman "Das Parfum"
von Patrick Süskind in den Sinn, eine schaurige Geschichte aus dem
mittelalterlichen Frankreich, die mich trotz der Hitze frösteln lässt.
Über Treppen und Treppchen und durch enge Gassen drängen sich die
Touristen aus aller Welt, sehr viele aus Asien. Es herrscht ein
geradezu babylonisches Sprachengewirr. An einigen Stellen bietet sich
ein spektakulärer Ausblick auf die Steilküste und das Mittelmeer, z.B.
auf die zwischen Nizza und Monaco gelegene Halbinsel Cap Ferrat.
Die besten Aussichtspunkte sind aber nicht öffentlich zugänglich, hier
verwehren Türsteher der Luxushotels den Zutritt. Friedrich Nietzsche
soll in seinen letzten Lebensjahren in Èze sein Monumentalwerk "Also
sprach Zarathustra" geschrieben haben. An ihn erinnert der Wanderweg "Sentier
Friedrich Nietzsche",
der gleich zu Anfang links vom Hauptweg abgeht. Eine Gruppe junger
Leute begibt sich gerade auf diesen holprig-felsigen Pfad. Einige
Mädchen haben allerdings Mühe der Gruppe zu folgen, da ihr sommerliches
Schuhwerk nicht wirklich geeignet ist.
Wir verlassen die "Avenue du Jardin Exotique" und kürzen den Weg zum
Eingang in die Altstadt über eine Treppe ab. Der Exotische Garten
(Jardin Exotique) in Èze wurde nach dem zweiten Weltkrieg vom damaligen
Bürgermeister André Gianton und Jean Gastaud auf den Ruinen eines alten
Schlosses angelegt. Er bietet eine umfangreiche Auswahl an
Kakteen und anderen exotischen Pflanzen, wie Agarve und Aloe. Auf den
wenigen Freiflächen vor und zwischen den eng stehenden Häusern findet
man auch Orangenbäume und Engelstrompeten. An den Fassaden klettert an
vielen Stellen üppig und leuchtend violett die Bougainvillea
(Drillingsblume). Natürlich dürfen auch alle Arten von Palmen nicht
fehlen! Überall sind schmiedeeiserne Tore und
Fenstergitter angebracht. Über den Köpfen schaukeln Straßenlaternen und
kunstvoll geformte Schilder im mittelalterlichen Stil, die auf
Boutiquen, Kunsthandwerk sowie Hotels und Restaurants hinweisen. Zu
meiner Freude entdecke ich auch ein Schild mit dem Kürzel DS über dem
Eingang einer Boutique. "Schau mal," sage ich in Anspielung auf
meine Citroën DS augenzwinkernd zu meinem Begleiter, "hier interessiert
man sich auch für französische Oldtimer." Aber auch so mancher
Sonnenschutz ist bemerkenswert, wie dieser "elegante", pinkfarbene
Sonnenschirm einer englischsprachigen Touristin.
Von Èze aus fahren wir in Richtung La Turbie und dann weiter bergab auf
der D37, um nach dem Passieren einiger Haarnadelkurven in den
Serpentinen schließlich wieder auf die D6007, die frühere N7,
einzubiegen. Wir passieren dabei die Stelle, an der Fürstin Gracia
Patricia von Monaco, auch bekannt als die amerikanische Schauspielerin
Grace Kelly, 1982 im Alter von 52 Jahren durch einen Autounfall ums
Leben kam. Noch immer kommen Menschen hierher um Blumen abzulegen. Jetzt liegt das Fürstentum Monaco
vor uns. Das Stadtbild ist geprägt von vielen Hochhäusern mit Fassaden,
die in den verschiedensten Pastelltönen gestrichen sind. Auch einige
orientalisch anmutende Bauten mit Zwiebeltürmen fallen uns ins Auge.
Als wir an einer Ampel halten müssen, versucht mein Fotograf das
Spiegelbild meiner DS in einer Schaufensterscheibe einzufangen,
dahinter auf
dem Fußweg eine schöne junge Frau in einem roten Kleid und
langen blonden Haaren. Zwei "Göttinnen" eben, stellen wir
augenzwinkernd fest und lachen. Wir passieren das Casino in Monte
Carlo. Leider keine Zeit für ein Spielchen! Besonders nervig sind jetzt
die unglaublich vielen "Moto"-Fahrer, vom Roller über Mopeds bis hin zu
schweren Maschinen, die ständig überholen und sich in waghalsigen
Manövern zwischen den Autos hindurch schlängeln. Dabei werden auch
leichte Berührungen der anderen Fahrzeuge in Kauf genommen. Niemand
regt sich darüber auf.
Endlich erreichen wir den Ortseingang von Menton. Ein Renault R8 Gordini kreuzt unseren
Weg. 1964 brachte Renault
diese Rallye-Variante des R8 Kleinwagens heraus, der einen
1108 cm³-Motor mit 63 kW (86 PS) besaß. Er wurde mit
Erfolg in verschiedenen Rallies eingesetzt. 1968 wurde die
Tuning-Schmiede Gordini aufgelöst. Einige Mitarbeiter gingen danach in
das Entwicklerteam, das den Renault-Turbo-Motor für die Formel 1 baute.
Der R8 Gordini war üblicherweise blau lackiert mit zwei
abgesetzten weißen Streifen, die auf der Fahrerseite über Motorhaube,
Fahrzeugdach und -heck verliefen. Dieser hier war weiß-gelb-schwarz und
hatte ausladende Spurverbreiterungen seitlich an den Kotflügeln, leider
alles schon in sehr schlechtem Zustand. Wir durchqueren Menton und
finden die Zufahrt zum alten Grenzübergang, der immer noch in Betrieb
ist, aber inzwischen weiter unten an der Küste durch einen größeren,
breiteren Übergang - vor allem für LKW - ergänzt wird.
Endlich am Ziel! Hier, kurz hinter dem französischen Zollgebäude, endet
die alte Route Nationale 7. Hier beginnt Italien. Viele Urlauber
setzten an diesem Grenzübergang ihre Urlaubsreise bis nach Italien
fort. Ich bin sehr aufgeregt, dass wir den Endpunkt unserer Tour de
France erreicht haben, gleichzeitig erfüllt mich eine große
Zufriedenheit: Wir sind ohne Pannen bis hierher gelangt! Blickt man von
französischen Zollamt zur italienischen Seite hinüber, erhebt sich ein
großer Felsen, auf dem ein hohes gelbes Gebäude steht. Die Straße führt
über eine Brücke neben dem Felsen nach Italien hinüber. Eine
prachtvolle Villa im typisch mediterranen Stil liegt unterhalb der
Brücke, sie ist von Palmen und Zypressen umgeben. Wir gehen zu Fuß
weiter. Auf der anderen Seite der Grenze steht ein Bedford Lieferwagen,
von dessen Ladefläche Obst und Gemüse verkauft wird. Er steht
direkt
unter dem blauen Europa-Grenzschild "ITALIA", dass schon sehr verblasst
und halb zugewachsen ist. Auch ein kleiner Lebensmittelladen findet
sich dort. An der Felswand ist eine große Gedenktafel für den
Widerstandskämpfer der Resistance Jojo Arnaldi angebracht, der im
September 1944 im Alter von 18 Jahren beim Kampf gegen die Nazis ums
Leben kam. Der Blick zurück auf Menton bietet eine wundervolle Ansicht
des Hafens und der Unterstadt. Das französische Europa-Grenzschild
erstrahlt in einem gepflegten Blau, verstärkt wird der gute Eindruck
von der leuchtend violetten Bougainvillea
(Drillingsblume) an der Felswand rechts daneben, die uns schon in Èze
so beeindruckt hat. Das alte, kreuzförmige Ortsschild von Menton ist
aus Beton gegossen, weiß gestrichen mit blauem Schriftzug und trägt
oben das N7-Emblem mit weißer Schrift auf rotem Grund, wie wir es von
allen alten Wegweisern an der Route Nationale 7 her kennen. Es steht
dekorativ in einem großen steinernen Torbogen, der dahinter bis oben
hin mit Natursteinen aufgefüllt ist. Links daneben gleich noch so ein
Bogen mit dem Grenzschild des Département
des Alpes-Maritimes
darin. Es scheint so als ob an dieser Stelle früher zwei Tunnel in den
Felsen führten. Direkt an der Grenze kauert sich ein kleines
Zollhäuschen an den Fels. Auf der Straße davor kann man noch blass den
früheren Haltestreifen für die Autos erkennen. "Die Pässe bitte!" hieß
es hier wohl jahrzehntelang. Auf der anderen Seite befindet sich die
Polizeistation von Ventimiglia. An drei Stangen, die zwischen zwei
Fenstern an der Fassade befestigt sind, haben sich die französische,
die italienische und die Europaflagge ineinander verheddert. Wir gehen
zurück nach Frankreich, denn in Italien ist gerade nicht viel los,
jedenfalls nicht im abendlichen Ventmiglia. Zwei Klappen an einem
Bunker im französischen Felsen, hinter denen man die Mündungsrohre
großer Kanonen vermuten kann, zielen Richtung Italien. Darüber
weht die Tricolore, darunter liegen einige Bierflaschen. Sehr bizarr!
Freundlicher wirkt da schon das blaue Schild, das verkündet: "Menton,
die Perle Frankreichs, ist glücklich Sie zu empfangen." Das klingt doch
schon besser! Wir nehmen die engen Straßen quer durch die Altstadt von
Menton als wir zur Strandpromenade hinunter fahren, um dort zu Abend zu
essen.
 
"Erstmal entspannen erstmal Picon",
hieß es bis in die 1960er Jahre hinein in einem deutschen Werbespot für
diesen französichen Aperitif. Auch wenn wir keinen Picon sondern Rotwein bestellen,
wir nehmen in den bequemen Sesseln des Restaurants "Le Paparazzi"
direkt an der Strandpromenade Platz und entspannen erstmal. Ah, ist das
herrlich: Die Füße ausstrecken und das Meer und die vorbeifahrenden
Autos beobachten! Das Restaurant befindet sich auf der anderen Seite
der belebten Straße. Die Kellner balancieren mit den bestellten
Gerichten und Getränken durch den z.T. recht dichten Verkehr. Ein
herrliches Schauspiel. Mein Fotograf macht Fotos vom Restaurant. Er
lächelt die Kellnerin an, die rauchend vor dem Eingang steht, zeigt
abwechselnd auf seine Kamera und den Namenszug und sagt: "Paparazzi -
Paparazzi." Die Kellnerin nickt und lächelt zurück. Ob sie wirklich
verstanden hat? Der Strand von Menton ist voller Kieselsteine,
Sandstrände sind in dieser Gegend nur selten zu finden. Die Badegäste
haben sich längst darauf eingestellt und tragen Badeschuhe. Nur ich
will den Strand
barfuß überqueren, während wir auf das Essen warten. Ich möchte an
diesem Tag wenigstens schon einmal meine Füße ins Mittelmeer getaucht
haben. Das wird ein lustiger "Tanz", den mein Fotograf auch genüsslich
in vielen Aufnahmen festhält. Aber schließlich erreiche ich das Wasser
und bin glücklich! Das tut gut! Das Essen kommt und ich muss zurück
"tanzen". Bei einem Glas Rotwein zum Dîner beschließen wir den Abend am
Strand von Menton. Der Tag war lang und anstrengend. Wir stellen die DS
in der Tiefgarage des Hotels ab und verschwinden in unseren Zimmern.
Bis Morgen!
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